Predigt zum 3. Fastensonntag | Die Aufforderung des Aufräumens weckt wohl unterschiedliche Gefühle in uns. Vielleicht werden Erinnerungen wach an die Kinder- und Jugendtage, wenn die Eltern einen wieder aufforderten, endlich im Zimmer Ordnung zu schaffen. Oder aber vielleicht denkt jemand gern an das wöchentliche Putzen am Samstag zurück, denn dann konnte der Sonntag als Tag der Ruhe, des Gottesdienstes und des Erholens kommen. Wie auch immer. Die Notwendigkeit des Auf- und Ausräumens wird keiner bestreiten. Gerade die scheidende Winterzeit ist so eine Zeit. Auch die Fastenzeit, in der wir stehen, ist eine Zeit des Aufräumens, v.a. des inneren Aufräumens, um gut vorbereitet für das kommende Osterfest zu sein.
Jesus räumt im Evangelium heute auch auf. Er steigt nach Jerusalem hinauf. Es ist zum äußeren auch ein innerer Aufstieg zum Tempel, dem Ort, an dem Gott seinen Namen wohnen lassen wollte. Und was findet er vor. Lautes Getriebe und Geldgeschäfte! Ist so Begegnung mit dem möglich, der mit seinem Volk geht und es immer und immer wieder in die Freiheit führen will? Jesus regt sich auf, es ist der sprichwörtliche ‚Heilige Zorn‘, er treibt die Händler hinaus, wirft Tische um. Manche damals mögen sich gefreut haben, denn sie hofften auf einen, der nicht nur Tische umwirft, sondern die religiösen Führer entmachtet wie auch die politischen Besatzer aus dem Land jagt, und zwar konsequent und mit Gewalt. Doch der Eifer Jesu ist ein anderer. Im zitierten Psalm 69 führt der Eifer den Betenden in die Isolierung. „Rette mich, Gott, denn das Wasser geht mir bis an die Kehle und ich habe keinen Halt mehr. Denn deinetwegen erleide ich Hohn und Schande bedeckt mein Angesicht“ (aus Ps69). Der Eifer führt Jesus in die Passion und nicht zur gewaltsamen Revolte. Am Palmsonntag feiern wir den Einzug Jesu mit und wissen, welcher König einzieht: der König des Friedens. Und wir wissen, dass dieser Friede über das Kreuz führt. Der Friede, den Jesus gibt ist seine Selbsthingabe, besteht im Eifer der Liebe, die sich verschenkt.Die Sehnsucht nach wahrem Frieden steckt tief in uns Menschen, von Anfang an. Das erzählt uns die Josefsgeschichte im ersten Buch der Bibel in farbigen Bildern. Den Anfang haben wir gehört. Josef ist der Lieblingssohn seines Vaters Jakob. Dass einer mehr gemocht wird, führt zum Unfrieden, ja es heißt: seine Brüder hassten Josef. Und es kommt wie es kommen muss, sie möchten ihn beseitigen, ja umbringen. Zum Glück kommt eine Karawane und sie verkaufen Josef. So meinen sie das „Problem“ gelöst zu haben. Doch die Geschichte ist damit nicht zu Ende. Josef reift in Ägypten und wird mächtig im Land. Große Hungersnot kommt und führt die Brüder wieder zu ihm. Es kommt zur Begegnung. Die Geschichte zeigt uns, was alles durchlitten werden muss, bis Versöhnung sich einstellt. Schwer und erst spät kommt den Brüder die Bitte um Verzeihung über die Lippen. Josef gibt auch denen, die ihn umbringen wollten, wieder einen Platz. So steht am Ende der Geschichte: „Gott hat Gutes im Sinn – Martin Buber übersetzt: Gott hat‘s umgeplant zum Guten“, nämlich „viel Volk am Leben zu erhalten“ (Gen 50,20).In Josef scheint uns also auf, dass Gott uns zum Leben führen will. Jesus zeigt uns mit seinem Eifer, dem Eifer der Liebe, die sich verschenkt, was uns Menschen zum Frieden führt. Es ist der Friede, den die Welt so dringend nötig hat und sich doch nicht selber geben kannAlso: nutzen wir diese Tage auf Ostern zum Aufräumen, damit uns die Orientierung erhalten bleibt. Die Achse in dieser Kirche zeigt die Richtung an: Ambo — hören auf sein Wort, Altar – erinnerndes Feiern der Lebenshingabe Jesu und Tabernakel — der Ort an dem Gott da sein will, mitten in dieser Welt. Ausrichten, damit Friede wird in uns und auf der ganzen Welt!Amen.
Ludwig Raischl,
Theologischer Referent im Haus der Begegnung HEILIG GEIST
Leiter des Grundkurs Gemeindlichen Glaubens (GGG)